Der große APES METAL Live-Rückblick auf das 29. Wacken Open Air - 29 years louder than hell!

Zum 29. Male jährt sich nun das Wacken Open Air in Schleswig-Holstein, das größte Heavy Metal Festival der Welt. Aus aller Herren Länder reisen hier Musikbegeisterte an um den Klängen der härteren Gangart in sämtlichen nur denkbaren Ausprägungen zu lauschen. Ohne gleich zu Beginn auf der eigenen Schleimspur ausrutschen zu wollen, muss die Gelegenheit direkt genutzt werden, die unübertroffene organisatorische Arbeit zu erwähnen. Die Security ist freundlich, an jeder Ecke steht Personal das einem mit Rat und Tat zur Seite steht und diverse weitere Goodies, die in der Festivalszene Ihresgleichen suchen, erwarten die Besucher dieses Jahr. So gibt es auf dem gesamten Gelände Duschmöglichkeiten (mit Temperaturregelung!) sowie Toiletten und ganztags Zugang zu frischem Trinkwasser.

Seit geraumer Zeit heißt es nun "rain or shine", dieses Jahr finden wir uns zweifelsohne mal wieder auf der "shine" Seite wieder. Vorhergesagte 30 bis 31 Grad bei satten 0% Regenwahrscheinlichkeit erwarten das Publikum heuer. Eine Herausforderung, ohne Frage, aber immer noch besser als zur Bühne schwimmen zu müssen, sowie die (in Folge) davor.
Festival ist einfach immer Abenteuer. Die Verlockung eines beispiellos abwechslungsreichen Lineups, welches legendäre Namen wie JUDAS PRIEST, DANZIG, RUNNING WILD, IN FLAMES, ARCH ENEMY, IN EXTREMO (um nur ein paar zu nennen), begleitet, winkt auf dem W:O:A 2019 der Lohn. Für ein erneutes Sold Out hat es jedenfalls wieder gereicht.

Mittwoch, 01.08.2018

Nun ist es also soweit, das Festival geht inoffiziell in die 29. Runde. Am Rande sei erwähnt, dass es noch inoffizieller für Tausende bereits schon vor Tagen losging, aber man kennt sie ja, die unverwüstliche Metal Community. Während auf den Hauptbühnen (seit 2018 "Faster" und "Harder" statt "True" und "Black") noch verheißungsvolle Leere herrscht, schlagen sich im Zelt bereits internationale Teilnehmer am jährlichen Metal Battle mit Axt und schlagendem Zeug gegenseitig die Köpf ein. Der Metal Markt hat geöffnet, vor der Wackinger Stage klopfen Mittelalterherzen höher, im Beergarden geht gar Unsägliches von Statten und von der Wasteland Stage, die nun schon seit mehrere Jahren im stilvollen Endzeit-Themenpark des Geländes zu finden ist, dreschen als eine der ersten Acts TRAITOR munter thrashing drauf los.
Später am Abend gaben sich die Bayerischen Kollegen von DUST BOLT, ebenfalls auf der Wasteland Stage, die Ehre. Betonung liegt auf DUST. Nach kurzer, verhaltener Einspielzeit wurde dann doch schnell klar dass es sich hier um eine Band handelt, die es versteht, einen daran zu erinnern, worum es hier eigentlich geht. Eine Show die ohne Schnickschnack auskam und trotzdem erstklassig unterhielt wurde hier geboten. Der Sound war ein Hochgenuß und die Zuhörer waren sportlich mit dabei: Diverse, schungvolle Aktionen wurden trotz nach wie vor gnadenlosen Temperaturen und wirbelndem Staub gestartet. Und die Band spielte sich dermaßen in Rage, dass die Bühne irgendwann nicht mehr mithalten konnte. Ein Gitarrist krachte ein, doch nach kurzer Pause spielte die Band weiter als wäre nicht gewesen, der Hass war scheinbar sogar noch gestiegen. DUST BOLT dürften sich mit dieser Show einen Platz im Herzen sämtlicher Besucher gesichert haben.

Dust Bolt - Wacken Open Air 2018

Vor der hoffnungsos überlaufenen W.E.T. Stage im Zelt konnte man zumindest erahnen, dass bei NAZARETH von Altersschwäche noch keine Spur zu spüren war. Je größer die Bühne, desto gefährlicher wird es allerdings dass die Tieftöne alles Andere in Grund und Boden buttern, hier war es bedauerlicherweise auch schon stark an der Grenze. Jedoch, dafür dass das Festival offiziell immer noch nicht begonnen hatte, haben sich Jung und Alt in überwältigenden Zahlen hier versammelt mit den Schotten in den besten Jahren Hits wie Silver Dollar Forger, Hair of the Dog und Love Hurts zu feiern.

Ein weiterer Abstecher zur Wasteland Stage: TOXIC HOLOCAUST ließen hier nichts anbrennen und hämmerten ihren oldschooligen, punkigen Retro-Thrash in die Nacht hinaus. Also genau genommen ließen sie sogar einiges anbrennen. Hier wurden Mengen an Kerosin verheizt, die an Rammstein erinnern. Wenn man sich kurz vor Augen hält, dass dieses Konzert nun aber auf der zweitkleinstn Bühne des Wacken Open Airs stattfand, wird einem wieder bewusst, was für eine Hausnummer dieses Festival inzwischen ist. Die beeindruckende Flammenshow konnte allerdings nicht über eine souveräne aber komplett routinierte, lieblose Show hinwegtäuschen. Hier wurde geliefert à la carte, aber kein Wimpernschlag mehr schlich sich unter die einstudierten, durchkoordinierten Grimassen, Posen und Ansagen.

Toxic Holocaust - Wacken Open Air 2018Toxic Holocaust - Wacken Open Air 2018

Während nun Kult-Band SEPULTURA das Zelt in Angst und Schrecken versetzt, geht der erste Tag des W:O:A 2018 zu Ende.

Donnerstag, 02.08.2018

Der Himmel über Wacken ist immer noch wolkenfrei, die Möglichkeiten, sich vor den erbarmungslosen Temperaturen in Sicherheit zu bringen, werden stetig geringer. Also warum nicht auf Mister Doug Blair (W.A.S.P.) hören, der uns anempfehlte, sich die Gewinner des Metal Battle Finnland im schattigen Zelt auf der Headbangers Stage anzusehen. Hier spielten also AWAKE AGAIN, auf deren Prioritätenliste "Herausstechen" wohl relativ weit oben stehen dürfte, eine leider sehr kurze, aber mitreißende Show. Die Musik, die immer mal wieder elektronische Klänge und tanzbare Beats in munteren Metalcore einbaut, ist ganz sicher nichts für Puristen. Aber wie gesagt, eine so Energie-geladene Show bekommt man nicht alle Tage zu sehen, dieser Auftritt hat definitv Spaß gemacht und zeigt, dass im Nachwuchs der Szene für jeden etwas zu finden ist.

Awake Again - W:O:A Metal Battle Finland

Die großen Bühnen machten heute auch endlich auf. Der sengenden Sonne zu Trotz, ist der Ansturm von der ersten Sekunde an groß. Nach traditioneller Eröffnung durch SKYLINE gaben sich im Anschluss nebenan DOKKEN die Ehre. Die Stimmung war gut, der Rock war hart so wie er sein soll aber bei Frontmann Don Dokken, inzwischen doch in die Jahre gekommen, war leider eindeutig eine gehörige Portion Lustlosigkeit zu sehen und zu spüren. Im Vergleich zu dem Unheil das uns noch erwarten sollte, ist das aber Jammern auf hohem Niveau. Geliefert wurde makelloser Rock, Fans kamen voll auf ihre Kosten und auch für Unbedarfte Zuschauer war dies eine Show, die Laune machte.

Das Wacken Open Air 2018 ist offiziell eröffnetDokken - Wacken Open Air 2018

Zeitgleich konnte man TREMONTI dabei bewundern, wie sie die Louder Stage auf ihre Jungfernfahrt auf dem Wacken Open Air 2019 nahmen. Hier war doch entschieden mehr Geknister in der Luft. Mark Tremonti, ehemaliger CREED- und aktueller ALTER BRIDGE Gitarrist, war sichtlich aus dem Häuschen auf dem größten Heavy Metal Festival der Welt zu spielen und steckte das gesamte Publikum an. Eine geile Show, mehr kann man hier eigentlich nicht sagen. Virtuosität trifft auf brutalen Groove, umschlungen von Riffs, bei denen man nicht anders kann als alles was man an Haaren findet, kreisen zu lassen. Musiker durch und durch, schade dass es zu Ende gehen musste.

Zu Ende gegangen ist bereits 2015 auch offiziell MÖTLEY CRÜE, doch ehemaliger Sänger Vince Neil hat noch nicht genug. Mit seinem nach ihm benannten Solo-Projekt stattete auch er dieses Jahr Wacken einen Besuch ab. Je weniger man über seine gesanglichen Leistungen sagt, desto besser ist es wahrscheinlich. Aber wenigstens konnte man hier die Augen schließen und sich an die gute alte Zeit zurückerinnern, als Neil auch noch nicht wirklich live singen konnte. Man kann sich das Konzert als ein MÖTLEY CRÜE best of mit anderen Gitarren-Soli vorstellen. Insofern konnte man sich also auch hier gut vergnügen.

Vince Neil - Wacken Open Air 2018Vince Neil - Wacken Open Air 2018

Von der Faster Stage dröhnt eine unverwechselbare Stimme. DIRKSCHNEIDER, das Solo-Projekt um den legendären ehemaligen Sänger von ACCEPT und U.D.O. versorgen die durstige Menge mit Metal der ganz alten Schule. Über ein solches Urgestein der deutschem Metal-Szene braucht man eigentlich gar nicht viele Worte verlieren. Wer wissen will, was Metal heißt, sollte sich eine Show von DIRKSCHNEIDER geben.

Dirkschneider - Wacken Open Air 2018

Die Sonne ist langsam am untergehen und zehntausende von Menschen finden sich vor den Hauptbühnen ein. Als einer der möglicherweise extremsten Acts bisher wird gespannt auf BEHEMOTH aus Polen gewartet. In grimmigen Outfits betreten die Herren die Bühne und nach wenig Geplänkel geht es gnadenlos zur Sache. Ein gewaltiges, musikalisches "Fickt euch alle" donnert in wahnwitzigen Geschwindigkeiten über den Acker. Es bleibt wirklich kein Auge trocken, BEHEMOTH nageln mit einer Setlist, die im Grunde keine Gelegenheit zum Verschnaufen bietet, Wacken an die Wand. Das Herz geht Liebhabern extremer Musik auf, wenn man diesem ultrabrutalem, tödlich präzisen Geballer zuhören darf, präsentiert von einer Band, die so gesehen kein Klischee auslässt aber dennoch authentisch und Hand aufs Herz beängstigend wirken kann.
Neben Flakschiffen wie Slaves Shall Serve, Demigod, Chant for Eschaton 2000 und Blow Your Trumpets, Gabriel gab es zum Ende einer monumentalen Show noch einen Schwank aus "Nergals Lebensweisheiten": "Stay strong! Face your fears! - Der Sänger und Gitarrist erinnerte uns ein weiteres mal wie schön es ist am Leben zu sein. Abschließend bleibt zu sagen dass diese Band es irgendwie schafft von Mal zu Mal besser zu werden. Die Beschwörung ist vollbracht aber das nächste Mal kann gar nicht bald genug sein.

Behemoth - Wacken Open Air 2018

HATEBREED sind inzwischen immer wieder gern gesehene Gäste in Wacken. Wer es sich redlich verdient, kann "I survived the Hatebreed pit at Wacken" T-shirts erstehen. Es wäre aber unverantwortlich zu sagen, dass das eine extreme Herausforderung ist. Los ging die Show mit alten, dreckigen Gassenhauern wie As Diehard as They Come und To the Threshold, und ein weiteres Mal wurde bei HATEBREED Blut auf dem Acker vergossen. Durch den Staub war irgendwann überhaupt nichts mehr zu sehen aber der Point of no return war längst überschritten und das Publikum zeigte was es heißt sich auf diesem Festival in den Pit zu wagen.

Nicht weniger als 30 Jahre ist es nun her, dass DANZIG ihr selbst-betiteltes Debütalbum in die Welt gesetzt haben. Zu diesem Anlass fand man sich in Wacken ein und präsentierte u.A. jenes Album in voller Länge. Tragischerweise begleitet von auffallend vielen Feedback-Quietschgeräuschen wurde eine weitere fette Show abgeliefert. Glenn Danzig gehört inzwischen zu den lebenden Legenden der Szene und geschwächelt im hohen Alter wird hier noch so gar nicht. Respekt dafür und danke für diesen historischen Auftritt beim W:O:A 2018.

Danzig - Wacken Open Air 2018Danzig - Wacken Open Air 2018

5 Minuten vor Beginn des Gottesdienst ging es im Zelt noch ein Mal richtig zur Sache. Unsere Freunde von DYING FETUS, aus Maryland USA spielten auf. Man kann es nicht anders als erfrischend bezeichnen, zwischendurch Mal wieder eine Show zu sehen die aus rein gar nichts besteht außer purem Hass. Nur so viele Ansagen wie unbedingt nötig, kein "give yourselves a hand guys, you are amazing" Blabla, einfach nur technischer Death Metal auf allerhöchstem Niveau. Jedes Mal wieder ist diese Band geil, ob nun aktuelles Material wie Fixated on Devastation, From Womb to Waste oder alte Klassiker wie Grotesque Impalement - was da genau auf der Bühne passiert geht sowieso über die meisten Köpfe hinweg. Chaos, Brutalität, abstruse Geschwindigkeiten und Grooves, die nicht nur den Nackenmuskeln alles abverlangen - das Rezept für ungeschlagen geilen Brutal Death.

Dying Fetus - Wacken Open Air 2018

Nun also ein weiterer Meilenstein in der Geschichte des Wacken Open Airs. JUDAS PRIEST, eine Band, ohne die der Heavy Metal nicht das wäre was er heute ist waren Headliner auf der Harder Stage. Ein scheinbar immer nur noch fitter werdender Rob Halford und seine Band legten eine Performance hin, die auch abseits eines weltweit einzigartigen Bühnenaufbaus, Köpfe verdrehte.
Neben Kostproben aus dem neuen Album Firepower wurden aber auch alle Klassiker zum Besten gegeben. You Got Another Thing Coming läutete die letzte Runde ein, dann ging es Schlag auf Schlag: Painkiller, beginnend mit unverwechselbaren Schlagzeug-Inferno, Breaking the Law und zu guter letzt Living After Midnight. Was kann man mehr sagen? Eine Ehre dabei gewesen sein zu dürfen.

Freitag, 03.08.2018

Der heißeste Tag des Festivals. Um 11:00 ist dennoch bereits gut was los auf dem Infield und das zu Recht. THUNDERMOTHER, vier Damen aus Schweden, die man schon seit geraumer Zeit im Auge behalten sollte, eröffneten die große Bühne. Während man bei der Frontfrau ein wenig Lampenfieber hätte vermuten können, platzte die Gitarristin vor Energie und machte die Show eigentlich alleine, inklusive Rundgang durch das Publikum. An live Performances von z.B. Airbourne kam es noch nicht ganz heran aber nichts desto weniger: Geile Nummer und weiter so!

Dezentes Kontrastprogramm: CANNIBAL CORPSE rumpeln über die Harder Stage. Seit 20 Jahren im Geschäft, sie sind Vorreiter und Legenden ihres Genres, keine Zensur konnte sie jemals einbremsen. Und auch auf dem diesjährigen Wacken wurden keine Gefangen genommen. George "Corpsegrinder" Fisher war spitze in Form. Die gesamte Band aber lieferte eine Performance, von der sich viele Youngsters mehr als nur eine Scheibe abschneiden können. Der Fokus lag auf der Musik, so wie das sein soll. Zwischen Titeln wie Evisceration Plague, Kill or Become, Stripped, Raped and Strangled und zum Schluss traditionell Hammer Smashed Face, gab es erst zum Ende der Show hin überhaupt Ansagen - Fisher war hier nicht zum Spaß: "I ain't gonna waste any more of your fucking time".
Dass die gleichteilige Mischung aus Mensch und Nacken aber durchaus Sinn für Humor hat, zeigte er später im Set, als er die Zuschauer herausforderte, beim Headbangen mitzuhalten. "I win, again" hieß es schon nach der ersten Strophe. Für die Uhrzeit und die Temperaturen waren übrigens auch ordentlich viele Menschen da und gegen Ende der Show kam die Security nicht mehr aus dem Crowdsurfer-Abfangen heraus. Sportliche Leistung, Wacken!

Noch immer wissen es zu wenige: DARK TRANQUILLITY sind nicht nur die Nummer 1 in Sachen Göteborgscher Melodeath mit Anspruch, sondern auch Garant für starke live Shows. Niemand kann dem Charm eines Mikael Stanne, einem der wohl sympathischsten Dudes im ganzen Metal Game, widerstehen und wer das sagt, der lügt. So kam wie gewohnt ordentlich Stimmung auf zu Songs quer aus der langen Geschichte der Band: The Treason Wall, Clearing Skies und zum Ende natürlich die Klassiker Terminus (Where Death is Most Alive) und Misery's Crown ließen die leidenschaftliche Meute vor der Louder Stage gut in Fahrt kommen. Wer auf Metal Konzerte geht um Spaß zu haben, sollte diese Band schnellstmöglich mal mitnehmen, falls noch nicht geschehen. Wenn nicht ihr einzigartiges Gespür für Melodien, dann wird einen die positive Energie, der sich niemand entziehen kann, schon abholen.

Währenddessen ging es auf der großen Bühne noch eine Spur melodischer und gemütlicher zu: AMORPHIS verbrachten mit den Festivalbesuchern ein ein schönes Stündchen in der wohlig warmen Sommersonne.

Amorphis - Wacken Open Air 2018

 

Gleichzeitig aber konnte man aber auch ruhig mal eine Runde über das Gelände drehen und auf der Beer Garden Stage zum Beispiel DAS PACK aus Hamburg zusehen, wie sie hier sozusagen im Heimspiel ihren Schmäh zu Besten gaben. Musikalisch überraschend vielfältig und versiert, aber für den ein oder anderen vielleicht zu viel Geplapper dazwischen, schafften es die Jungs aber die versammelte Meute vor der Bühne erstklassig zu unterhalten und bei ihren eigenwilligen Choreographien mitzumachen.

Kult-Alarm: MR. BIG, zockten locker auf der Louder Stage einen auf. Kein geringerer als Paul Gilbert, Gitarrengott und mutmaßlich Erfinder des Akkuschrauber-Solos shredderte wie kein Zweiter aber eigentlich besteht die gesamte Band aus virtuosen Musikern. Während die Riffs rotzig und Grooving genug waren um jeden abzuholen, blieben nur noch Münder offen stehen als die Musiker im Solo ihr außerweltliches Können demonstrierten.

Mr. Big - Wacken Open Air 2018

Sie waren bei der neuen Welle des (extrem) melodischen Metals ganz vorne mit dabei. Viele wären gerne wie sie aber an dieses Original kommt so schnell niemand ran: EPICA gab es am Nachmittag auf der Faster Stage zu bewundern. Ein Organ wie die Simone Simons eines hat, sucht man eben lange, und diese Band vermag es wie keine andere, ihr Konzept eindrucksvoll und nun schon seit Jahren konsequent, authetisch und musikalisch ausgefeilt in Szene zu setzen.

Epica - Wacken Open Air 2018

Finland's very own CHILDREN OF BODOM entfachen auch mal wieder gediegen einen Feuersturm über dem Holy Ground. Die Band bietet seit jeher eine Mischung aus eingängigen Melodien, brutaler Härte, musikalischem Können auf extrem hohen Niveau und einer gesunden Portion Humor, wodurch sie einen einzigartigen Sound kreieren. Dieses Jahr auf Wacken ging es los mit Are You Dead Yet?, über altbekannte Nummern wie Needled 24/7, Hate Me! arbeitete man sich zu Hate Crew Deathtroll und Towards the End zum Ende der Show durch. Beinahe unnötig zu erwähnen dass die Band in Top Form und die Menge trunken vom Blut war, jederzeit wieder gerne!

Children Of Bodom - Wacken Open Air 2018

Ein Abstecher ins Zelt, auf die W:E:T Stage lohnt sich auch immer wieder: Der Butcher hat sich auch wieder die Ehre gegeben. Unter "Schmier! Schmier! Schmier!" Sprechchören wurden die Legenden DESTRUCTION auf die Bühne beschworen. Und dann wurde es wieder dreckig. Dieses Mal ohne zersägte Fleischfetzen, dafür mit Nailed to the Cross, The Butcher Strikes Back, Thrash Till Death und Mad Butcher wurde in Wacken gezeigt wo der Teutonic Thrash Metal Hammer hängt. Frontmann Schmier machte aus der knappen Spielzeit alles richtig ("Intro aus! [...] Wir haben nicht viel Zeit also werde ich gar nicht lange quasseln") und konzentrierte sich darauf, einen Knaller nach dem Anderen in die Menge zu feuern. Mit Recht wird diese Band zu der Speerspitze des heimischen Thrash Metals gezählt, ihr Sound ist unverkennbar, ihre Riffs zersägen Knochen und die Shows schaffen es stets besonders brutal nach vorne zu ziehen.

Destruction - Wacken Open Air 2018

Zeit für die großen Namen. Gegen Abend, begleitet von einer stattlichen Feuershow, spielten die Vorreiter des Symphonic Metals NIGHTWISH auf der Faster Stage.

Nightwish - Wacken Open Air 2018

 

Zeitgleich stieg auf der Louder Stage eine der fettesten Parties des Tages beim CLAWFINGER, welche die Fans mit dem Kult-Album Deaf Dumb Blind in voller Länge, sowie anderen Songs die teilweise gerade mal 12 Jahre alt sind, beglückten.

Rock 'n' Rolf Kasparek gibt nicht auf. Es kann scheinbar nie genug Abschiedstours von RUNNING WILD geben, so war auch dieses Kult-trächtige Urgestein des Metal made in Germany in Wacken zu besehen. Die Segel waren gesetzt, der Sturm wurde geritten, ein Abstecher nach Port Royal und Unter dem Zeichen des Jolly Roger segelten die Legenden dann irgendwann wieder in die Nacht entfort.

Running Wild - Wacken Open Air 2018

Weiterer Besuch aus Schweden: IN FLAMES ließen als letzter Headliner auf der Faster Stage die Muskeln spielen während kein geringerer als OTTO und seine Friesenjungs fleißig Ottifanten und gute Laune unter die Metalheads brachte. Auf der Harder Stage machten GHOST mit einer stimmigen Show den Zapfenstreich und so ging ein langer Tag auf dem Wacken Open Air 2018 zu Ende.

In Flames - Wacken Open Air 2018In Flames - Wacken Open Air 2018

Samstag, 04.08.2018

Einer geht noch: Der letzte Tag des Festivals ist angebrochen. Mit BETONTOD, gefolgt von WINTERSUN ging es auf den großen Bühnen noch einmal zur Sache, die Menge ist nach wie vor ungebrochen. So richtig in Fahrt kommt man aber erst zu ALESTORM, welche überraschend wütend und verdammt gut gelaunt sind und das Publikum ist mit Stoff-Papageien und aufblasbaren Entermessern mit am Start. "We are here to drink your beer", die Party ist noch lange nicht vorbei.
Zeitgleich gaben sich im Zelt u.A. ERIC COHEN, wo man gemütlich abrocken und mitgröhlen konnte, und NIGHT DEMON, deren Musik zwar leidenschaftlich, aber leider genauso einfallslos wie der Name ist, die Ehre.

Night Demon - Wacken Open Air 2018

Die Gelegenheit sollte genutzt werden um ausdrücklich die Soundqualität des diesjährigen Wacken Open Airs zu loben. Während man sich an die ein oder anderen Konzerte in den letzten Jahren erinnern kann, bei denen man außer Bass im Grunde nur Vermutungen anstellen konnte was die restlichen Musiker so machen, ist dieses Jahr auf allen Bühnen (bisher) alles glasklar. Es ist eine angenehme Überraschung und jedes Konzert wird dadurch gleich mal pauschal 75% besser. Egal zu welcher Uhrzeit, egal auf welcher Bühne, der Klang ist Bombe. In Kauf nehmen muss man im Gegenzug, dass die Lautstärke generell merklich zurückgefahren wurde. Letzten Endes ist dies vermutlich eine Geschmacksfrage aber wer etwas von der Musik hören möchte, der wird mit den aktuellen Zuständen auf den Bühnen von Wacken eindeutig zufriedener sein.

Was man alles aus 4/4 Takten machen kann und wie man Rhythmus auch anderweitig abgedreht umsetzen kann, zeigten am frühen Abend GOJIRA aus Frankreich. Über dem Publikum, das bei den gnadenlosen Grooves natürlich so gar nicht still halten konnte, gingen Wale auf Flugreise. Die Performance der Band war messerscharf, wenn auch irgendwo ein wenig arg abgebrüht. L'Enfant Sauvage, Stranded, The Shooting Star, The Heaviest Matter In the Universe sowie ein fettes Schlagzeugsolo boten Gelegenheit sich zu bewegen und das Headbangen mit dem ganzen Körper zu praktizieren. Ziel erreicht, kann man also sagen. Auch wenn man von einer Band wie GOJIRA durchaus eine wummernde Massage der inneren Organe erwartet, muss man leider erwähnen dass es hier mit dem Bass dann doch ein bisschen zu gut gemeint war, das aber nur am Rande.

Gojira - Wacken Open Air 2018

Die dezent ironisch auftretenden Retroglam-Rocker STEEL PANTHER täten gut daran, sich langsam mal eine neue Show einfallen zu lassen. Vom Auftreten her und, was natürlich die Hauptsache ist, musikalisch kann man wirklich nichts an dieser Band bemängeln. Aber wer sie schon mehr als einmal gesehen hat, wird das Gefühl nicht losbekommen, ein einziges langes Dé­jà-vu zu erleben. Das größte Problem dabei: Auch wenn der (zugegeben, streitbare) Humor genau sitzt, wenn sich die Gags und Sprüche über mehrere Jahre hinweg 1:1 wiederholen, wirkt das Ganze dann doch irgendwann zu sehr aufgesetzt.

Steel Panther - Wacken Open Air 2018

Das Gegenteil von aufgesetzt ist der nach so vielen Jahren immer noch ungebrochene Ehtusiasmus von MADBALL. Frage: Was ist New York Hardcore? Antwort: MADBALL! Vor der Headbanger Stage ging es heiß her als die Amerikaner die Bühne betraten, wobei es Sänger Freddy Cricien dort oben schon während des ersten Songs zu langweilig wurde und er sich ins Publikum stürzte. Es wurde wild. Auf Hardcore Konzerten generell kann man immer mit unbändiger Energie und Bewegung, bis der Körper die Notbremse zieht, rechnen und hier war es nicht anders. Wer nach zweieinhalb Tagen Festival immer noch Reserven hatte, konnte sich hier restlos verausgaben, was vom Sänger ausdrücklich gefordert wurde: "A lot of you seem like you've got lots of stuff on your chest" - hier kann man einfach Mal alles rauslassen.

Mehr schwedischer Melodic Death Metal und immer wieder einen Blick wert: ARCH ENEMY, eine der zur Zeit vermutlich aktivsten Bands im Metal. Sein wir ehrlich: Rar machen sie sich nicht gerade. Dieser Band läuft man unweigerlich über den Weg wenn man sich mit der Szene beschäftigt, die Routine ist ganz klar in der Show zu spüren. Ein wenig zu perfekt und durchgeplant könnte man vorwerfen aber der Energie, die dabei rüberkommt, tut das erstaunlicherweise keinerlei Abbruch. Auch an diesen Auftritt von ARCH ENEMY kann man nichts bemängeln.
Besonders erfreulich: Obwohl ihnen der Erfolg Recht gibt, traut sich diese Band auch immer noch, mal wieder neue Wege zu beschreiten. So war hier und da mal ein deutlich erhöhter Grad an Brutalität zu hören, aber auch Clean-Gesang von Frontfrau Alissa White-Gluz, die sie damals auch schon bei THE AGONIST fantastisch einsetzen konnte. Abgerundet mit Nummern wie Bloodstained Cross, War Eternal, Ravenous, Nemesis und We Will Rise, sowie erneut schönem Feuerchen, war das also ein würdiger Beginn für den letzten Abend des Wacken Open Airs 2018.

Arch Enemy - Wacken Open Air 2018Arch Enemy - Wacken Open Air 2018

Zweieinhalb Stunden HELLOWEEN. HELLOWEEN PUMPKINS UNITED, genau gesagt. Das bedeutet klassisches Lineup mit Michael Kiske sowie Kai Hansen und Andi Deris am Gesang. Nachdem als Intro Let Me Entertain You von Robbie Williams erklang, ging es los mit Helloween in voller Länge. Schnell wurde klar, warum diese Band auch zu den Legenden des Metals zählt. Die gesangliche Leistungen von Kiske und Deris, auch in Kombination waren schlichtweg unglaublich. So feierten zehntausende Metalheads allen Alters, dicht gedrängt vor der Harder Stage, Hymnen wie Are You Metal?, Pumpkins United, Eagle Fly Free, Keeper of The Seven Keys sowie natürlich Future World und I Want Out zum Schluss.
Ein magisches Konzert, für Fans immer noch zu kurz, ging irgendwann auch zu Ende und zum krönenden Abschluss gab es ein gewaltiges Feuerwerk über der Bühne. Das Wacken Open Air hat die heimischen Helden nach einer Wahnsinnsshow gebührend verabschiedet. Während die letzten Riesenkürbisse übers Publikum springen und man auf mehr als drei Tage Metal nonstop bei schönstem Wetter zurückblickt, geht es nun langsam in die letzte Runde.

Helloween - Wacken Open Air 2018

Ein zwischenzeitiger Abstecher ins ebenso rappelvolle Zelt lohnte sich auch. Hier legten SÓLSTAFIR aus Island eine kraftvolle, emotionale Performance hin, die einen Schauer über den Rücken jagte. Eine der Stärken des W:O:A ist es, dass man hier auf Entdeckungsreise gehen kann. Kein anderes Festival bietet eine solche Breite an Metal-Acts und immer wieder findet man Perlen, die man zuvor gar nicht auf dem Schirm hatte. Die atmosphärischen, gefühlvollen Klänge dieser Jungs dürften auch den ein oder anderen unbedarften Zuschauer überzeugt haben.

Solstafir - Wacken Open Air 2018

Endspurt: Vor der Verabschiedung durch die Veranstalter und zu allerletzt IN EXTREMO, wurde es noch einmal kuschelig düster vor der Faster Sage. DIMMU BORGIR, die Jon Bon Jovi Band des Black Metals, prügelten der Menge die letzten Reste Lebensenergie aus den Leibern. Gewohnt hochwertig und stimmungsvoll ging die Show ab. Man kann der Band die Entscheidung, sich mehr in Richtung (verhältnismäßig) allgemeintaugliche Musik zu bewegen, vorwerfen so lange man will aber Fakt bleibt, dass Sänger Shagrath eine der besten Stimmen im ganzen Black Genre zu bieten hat. Insofern war es ein Genuss, sich bei The Serpentine Offering, dem neuen Song Archaic Correspondence und Mourning Palace den Staub aus den Haaren zu schütteln und den ausgefeilten Klängen von tiefen Gitarren, krassen Growls, knallharten Drums und theatralischen Keyboards zu lauschen.

Dimmu Borgir - Wacken Open Air 2018

Da bleibt nur zu sagen: DANKE Wacken Open Air! Mit einem krönenden Abschluss geht ein wahrlich großartiges Festival zu Ende! Es war uns eine Ehre mit einer wundervollen W:O:A Crew sowie Kollegen aus aller Welt zusammenzuarbeiten und gemeinsam zu feiern. Jetzt blicken wir gespannt auf das 30 jährige Jubiläum in 2019.

See you in Wacken - rain or shine!

Helloween - Feuerwerk - Wacken Open Air 2018

Text: Richard Metzler