Vienna Metal Meeting 2019 - Review

Festivals haben es heutzutage gar nicht mehr so leicht, da sie sich gegenseitig kannibalisieren und dadurch austauschbar machen. Umso erfreulicher ist es, wenn ein Format wie das Vienna Metal Meeting die österreichische Metallandschaft aufmischt und seine ganz eigene Note hinzufügt. Bereits zum dritten Mal wird das 1-Tages-Festival in der Hauptstadt in der Arena veranstaltet. In diesem Jahr liegt der Fokus verstärkt auf Black Metal inkl. aller Randgenres, die das Thema schlüssig ergänzen. Entsprechend ist ein namhaftes Line-up mit Bands wie Rotting Christ, Urfaust, Sólstafir oder Opeth wenig überraschend. 

Den Auftakt des Tages machten die Slowaken von Doomas, die vielleicht nicht jedem ein Begriff sind. Die erste Band zu sein, ist immer ein hartes Los, da zum einen meist wenig Leute da sind und man zum anderen eine richtig geile Performance abliefern muss, um den Festivalmodus beim Publikum zu aktivieren. Glücklicherweise gelang ihnen beides vorbildlich: Mit ihrem schweren, Double-Bass lastigen Sound prügelten Doomas dem Publikum alle Sorgen aus dem Kopf und erzeugten im nächsten Moment mithilfe doomiger Einflüsse eine angenehme Schwermut, die sich wie ein sanfter Schleier über alle legte. Irritierend war teilweise lediglich die Lichtshow, die sicherlich in der Lage gewesen wäre, epileptische Anfälle auszulösen. Ganz anders ging es auf der Outdoor Bühne zu: Die regionale Größe Enclave hatte die Aufgabe, draußen für gute Stimmung zu sorgen. Stilistisch im thrashigen Bereich einzuordnen brachten die Wiener etwas Abwechslung in das stark Schwarzmetall geprägte Line-Up und erhellten mit ihrem schnellen und zugleich groovigen Sound die Außenbühne. 

Nach gefühlt etlichen Ankündigungen über Bandabsagen und Wechsel in der Running Order hatten sich Chapel of Disease aus Köln angekündigt, einen Nachmittagsslot in der Halle zu übernehmen. Dies sollte nur zum Vorteil der anwesenden Metalheads sein, da die Death Metaller einen Auftritt aller erster Sahne ablieferten. Ihr Sound zeichnete sich durch brachiales Geknüppel aus, das wie Kanonenkugeln vom Himmel geschossen kam. Im nächsten Moment hielten sie jedoch inne und schufen eine Art meditative Atmosphäre, die voller Schmerz und Mitgefühl steckte und das Publikum völlig in ihren Bann riss. Eine unglaublich fesselnde und beeindruckende Show, die unerwartet und deshalb umso erfreulicher war. Parallel dazu konnten sich Fans von klassischem Heavy Metal auf der Außenbühne an einer wahren musikalischen Größe erfreuen. Der Ex-Gitarrist von W.A.S.P., Chris Holmes, ist bereits seit einiger Zeit mit seinem ganz eigenen Projekt Chris Holmes Mean Man unterwegs und bietet seinem Publikum eine ausgewogene Mischung aus eigenen Songs, einigen W.A.S.P. Covern wie "Wild Child" und Covern von anderen Großkünstlern wie z.B. Black Sabbath. Diese ganz spezielle Kombination verschafft ihm einerseits einen gewissen Mitgröl-Faktor, da fast jeder Metalhead in der Lage ist, mindestens einen W.A.S.P. Song mitzusingen und andererseits Gehör für seine eigenen Songs, die grundsolide sind. In Wien reagierte das Publikum dennoch etwas ambivalent auf den Auftritt, da Heavy Metal an diesem Tag nicht im Vordergrund stand. Nichtsdestotrotz konnten Chris Holmes und seine Mitstreiter für Applaus in der Menge sorgen, der vorrangig den Cover Songs zuzuschreiben war. 

Weiter im Programm ging es auf der Outdoor Bühne mit niemand geringerem als Rotting Christ, die zur Einstimmung auf etwas ruhigere Klänge setzten. Davon sollte sich der gewiefte Metaller jedoch nicht täuschen lassen, da die Griechen schnell zu gewohntem Programm switchten und richtig auf die Kacke hauten. Brachial und unbeugsam hämmerten die Black Metaller einen Song nach dem anderen heraus und schufen dabei eine kriegsartige Stimmung mit leicht exotischen Einflüssen. Ganz anders ging es in der Halle bei Amenra zu. Wem die Band zuvor bereits ein Begriff war, der wusste um ihre extremeren Darbietungen, die hauptsächlich Frontmann Colin H. van Eeckhout zuzuschreiben sind und immer für Überraschungen sorgen. Wohlbedacht und ohne jeden Kommentar erschienen die Musiker auf der Bühne, die Scheinwerfer vorrangig auf den Sänger gerichtet und mit schwarz-weißen Filmausschnitten im Hintergrund untermalt. Und so legten die Musiker los, mit ihrem charakteristischen Sound das Publikum emotional mitzureissen. Dass Sänger Colin dabei den ersten Teil der Performance mit dem Rücken zur Menge absolvierte, war zwar im ersten Moment gewöhnungsbedürftig, ließ das Publikum sich jedoch leichter auf den Kern ihres Auftritts, die Musik, konzentrieren. Wahrlich speziell und faszinierend präsentierten sich die belgischen Künstler, die ein echter Geheimtipp für Fans von Post-Black Metal sind.
Nachdem die bisherigen Künstler an diesem Tag eine insgesamt stark emotional aufgeladene Atmosphäre geschaffen hatten, war es einfach nur logisch, dass Sólstafir auf der Outdoor Bühne weiter zum Gesamtfeeling beitragen sollten. Die Isländer live zu sehen, fühlt sich jedes Mal wieder wie ein Geschenk an, da sie es wie keine andere Band versteht, reinste Emotionen in ihre Musik zu packen und ungefiltert zu transportieren – und das, obwohl man kein einziges Wort versteht! Wenn Aðalbjörn Tryggvason auf der Bühne steht und singt, ist das die reinste Wohltat für die Seele, da man binnen Sekunden in eine andere Welt transferiert wird, in der man alles um sich herum vergisst. Ihre Musik ist Schönheit in Perfektion, die für Dauergänsehaut und Tränen in den Augen sorgt, was Songs wie Ótta und Fjara jedes Mal wieder beweisen. Dass es gleichzeitig zu regnen begann, war nur noch nebensächlich und trug wenn überhaupt nur positiv zur Stimmung bei. Als Kontrastprogramm standen in der Halle als nächstes Urfaust auf dem Programm. Auf die Zwei-Mann-Show waren viele der Anwesenden gespannt, da sich die Band durch ihren sehr eigenwilligen Stil in der Szene hervorgetan hat. Vielleicht war Frontmann IX von Sólstafir inspiriert oder ihm war einfach nicht nach brachialen Klängen, er und VRDRBR performten jedenfalls nicht wie erwartet ihre brachialen, rohen Stücke, sondern beschränkten sich lediglich auf simple und ruhige Songs, die beinahe eine einschläfernde Wirkung hatten.
Da sich die Wetterlage bei der Outdoor Bühne nicht gebessert hatte, harrte die Menge bei Sturm, Regen und Gewitter für Opeth, den Headliner des Festivals, tapfer aus und scherte sich nicht darum, völlig durchnässt und frierend in der Kälte zu stehen. Dafür wurden sie entsprechend mit einer atmosphärischen Show belohnt, die sich die Wetterlage zunutze machte. Begleitet von einer perfekt abgestimmten Lichtshow intensivierte sich die grandiose Stimmung und bestätigte damit die Headliner Wahl des Veranstalters. Wünschenswert wäre nur, dass die Schweden etwas mehr Kreativität in ihre Setliste bringen würden, um für mehr Überraschungsmomente zu sorgen. Direkt im Anschluss flüchtete sich das Publikum in die trockene Halle, um sich bei Necrophobic wieder etwas aufzuwärmen. Dabei rechnete jedoch niemand damit, ein schwarzmetallisches Remake von Mötley Crüe meets Manowar auf der Bühne anzutreffen, bei dem das True-Barometer auf Anschlag steht. Mit ihrem übertriebenen Gepose, das sich mehr nach Fake als True anfühlte, machten sie sich nur wenig Freunde und waren wahrscheinlich mitunter dafür verantwortlich, dass bis zu Secrets of the Moon im Anschluss die Halle halbleer war. Diese Tatsache war sehr bedauerlich, da die Deutschen eine solide, großartige Show um diese späte Uhrzeit herunterrissen, die tatsächlich die Stimmung nach dem vorangegangenen Debakel noch einmal heben sollte.
Insgesamt zeigte sich das Vienna Metal Meeting 2019 als starkes, konkurrenzfähiges Festival der düsteren Klänge, das es definitiv Wert ist, erneut zu besuchen. Musikalisch konnten die Veranstalter ein Line-Up aller erster Sahne auffahren, das trotz einiger Absagen mit guten Bands nachbesetzen konnte und mit dem ein oder anderen Schmankerl auffahren konnte. Es bleibt also spannend, womit die Wiener Ohren im kommenden Jahr verköstigt werden sollen.

Text: Conny Pläsken