MTV Headbanger's Ball Tour 2016 - Nachbericht München

In diesem Jahr wurde zum ersten Mal die Konzertserie „Headbangers Ball“ veranstaltet, die auf eine berühmte TV Show aus den 80ern auf MTV zurückgeht, in der es von Konzerten über Interviews rund um Heavy Metal ging. Lange hat es gedauert bis sich MTV überwinden konnte dieses Format auf andere Art und Weise wiederzubeleben. Als Europa Tour wurde dem Headbangers Ball 2016 wieder Leben eingehaucht und hat dabei auch einen Zwischenstopp in München gemacht. Der Grundgedanke der Tour ist ganz simpel: Verschiedene Arten des Metals an einem Abend auf einer Bühne zu vereinen und damit auch die unterschiedlichsten Metal-Fans einander näherzubringen. Ob das wirklich funktioniert? Das lassen wir zunächst noch offen. Beim Line-Up des Abends war jedenfalls viel Abwechslung geboten: Unearth, Kataklysm, Ensiferum und der Headliner Iced Earth.

Unearth

Den Anfang des Abends bestritten die amerikanische Metalcore Band Unearth. Vor einem halb gefülltem Werk, das höchst wahrscheinlich nicht wegen ihnen da war legten sie los und ballerten dem Publikum so einiges um die Ohren. Im Vergleich zu den Mode-Metalcore Bands, die derzeit gefühlt aus jeder Ritze kriechen, ist ihr Sound deutlich härter und weniger säuselig. Unearth geben direkt Gas und begeistern auf jeden Fall die vordere Hälfte des Werks. Metalcore Riffs sind vielleicht nicht jedermanns Sache, aber überzeugten dennoch durch genug technischen Anspruch und Abwechslung. Eingängige Melodien gepaart mit aggressivem Gesang rundeten ihre Show musikalisch ab. Aber auch optisch war hier jede Menge geboten. Da hätte wir den charismatischen Sänger im D.R.I. Shirt, der richtig für Stimmung sorgte, zwei Gitarristen und einen Bassisten, die ausgiebig posten und wie Gummibälle herum hüpften und den Drummer, der das optische Highlight war. Einen tolleren und lustigeren Bart habe ich schon sehr lange nicht mehr gesehen. Wer also die Musik nicht mochte, konnte dafür den Rest der Show dieses Kunstwerk eines zweigeteilten, langen und flauschigen Bartes bewundern. Wenn man die Clean-Gesang Einlage gegen Ender ihrer Show einmal ignoriert, war das auf jeden Fall ein guter Auftakt für diesen etwas andersartigen Abend.

Katakylsm

Nach einer kurzen Umbaupause ging es mit den Death Metallern von Kataklysm weiter. Musikalisch starteten die 4 Herren mit den ersten beiden Songs ihres aktuellen Albums „Of Ghosts and Gods“ und ernteten dafür jede Menge Applaus und bangend Köpfe. Die Songs waren definitiv eine gute Wahl, da sie bereits auf dem Album jedes Mal aufs Neue diese ganz besondere Kataklysm-Stimmung erzeugen, in der man einfach nur noch mehr und mehr möchte und gar nicht genug von ihrem Sound bekommt. Deshalb traf es sich gut, dass die Band dieses Jahr bereits zum zweiten Mal im Backstage spielen durfte. Zuletzt brachten sie im Januar diesen Jahres das Werk im Backstage in Wallung, weshalb es umso erfreulicher ist, dass sie nicht nur den Jahresanfang sondern auch den Jahresabschluss in München einläuten. Maurizio Iacono, der Sänger der Band, brachte es gleich zu Beginn ziemlich gut auf den Punkt: „We are Kataklysm, if you don’t know us, shame on you!“ In gewohnt brachialer Manier knüppelten sie einen geilen Song nach dem anderen heraus und bewahrten dabei eine gute Mischung aus alten und neuen Songs. Lichttechnisch wollten die Death Metaller wohl etwas Abwechslung hinein bringen und erleuchteten die Bühne mit einigen sehr bunten und hellen Strahlern, wie man es sonst eher von Core Bands kennt. Insgesamt legten sie ein beachtliches Brett hin, das sich sehen und hören lassen konnte. Kataklysm verstehen es einfach, dumpfe und schwerfällige Riffs mit verflixt teuflischen zu verbinden und ihre persönliche Note noch hinzuzugeben. Stark und mitreißend von der ersten bis zur letzten Sekunde! Das einzige Enttäuschende an ihrer Show war, dass sie „In Shadows and Dust“, einer ihrer bekanntesten (und auch einer ihrer besten) Songs nicht gespielt haben. Die Enttäuschung darüber war deutlich zu spüren. Nichtsdestotrotz konnte die Band ihr Versprechen einhalten, dass sie an ihrem letzten Konzert in München gegeben hatten: das nächste Mal an einem Samstag (und nicht einem Sonntag wie im Januar) zu spielen. Danke dafür!

Ensiferum

Nachdem die ersten beiden Bands richtig Lust auf diesen Abend gemacht hatten, ging es mit Ensiferum weiter. Ja was soll man zu dieser Band sagen? Am besten wäre nichts (sorry an alle Fans, aber das muss einfach mal gesagt werden). Es gibt wahrscheinlich kaum einen Metaller oder eine Metallerin, der bzw. die diese Band nicht schon mindestens 20 Mal gesehen hat und zwar innerhalb der letzten 3 Jahren. Und dafür muss man sich wirklich nicht anstrengen. Deshalb ist es schwer etwas zu diesem Konzert zu sagen, wenn man es wirklich nicht mehr hören möchte… So viel sei aber gesagt: es war wie immer, immer dieselbe Show, viel Pagan, viel double Bass, langweilige Melodien und viele Fans, die ihre Helden bejubelten. Wer weiß, ob denen nicht auch irgendwann die Lust vergeht…

Iced Earth

Während Ensiferum wurde es bereits immer kuscheliger im Publikum, aber bei Iced Earth drängten ungefähr alle Menschen nach vorne, was es schier unmöglich machte als kleine Person weiterhin auch nur irgendetwas von der Band zu sehen. Und schon ging es los. Als Schmankerl gaben Iced Earth einen brandneuen Song zum Besten: „The Great Heathen Army“. Dieser Song stammt von ihrem kommenden Album „Incorruptible“ und gab einen ersten Vorgeschmack darauf. Dieser war bedauerlicherweise schwer einzuschätzen, da der Sound – warum auch immer – bei Iced Earth um Welten schlechter war als bei den Bands zuvor. Es war fast unerträglich laut, sodass man nach dem Konzert trotz gutem Gehörschutz ein Pfeiffen im Ohr hatte, der Bass war sehr dominant und die Stimme ging schier in dem ganzen Gedöns unter. Deshalb war der erste Eindruck des neuen Songs eher verhalten… Damit das aktuelle Album allerdings nicht zu kurz kommt, stand auch „Plagues of Babylon“ auf der Setlist, wobei auch dieser Song nicht zur bisherigen Qualität des Auftritts beitragen konnte. Erst mit „Dystopia“ wendete sich das Blatt endlich und es kam das typische Iced Earth-Feeling auf, das bisher gänzlich gefehlt hatte. Hier konnten auch die typischen Publikumschöre angestiftet werden, wie sie bei klassischen Hymnen der Band so üblich sind. Um die Stimmung weiter aufrechtzuerhalten legten die Männer „I Died for You“ nach, bei dem wohl jeder anwesenden Person das Herz schwer und gleichzeitig leicht wurde. Einer DER Klassiker der Band, der einfach bei keinem Konzert der Metaller fehlen darf. Der weitere Verlauf des Abends war grundsätzlich nicht zu beanstanden, allerdings hatte die Band in der Vergangenheit bereits bessere Setlisten im Gepäck, weshalb dieser Abend nicht unbedingt in die Geschichte eingehen wird. Ein durchschnittliches Iced Earth Konzert, das eigentlich der Höhepunkt des Abends sein sollte, sich aber eher hinter Katakylsm einreihte und etwas Unzufriedenheit in den metallischen Herzen zurück ließ.

Insgesamt war die MTV Headbangers Ball Tour ein interessantes Experiment, bei dem überraschend viele Metaller teilgenommen haben. Der Grundgedanke für diese Art von Konzert ist grundsätzlich auch kein verkehrter, doch lässt sich besser auf Festivals als auf Konzerten umsetzen, weshalb der Stilmix an diesem Abend etwas schwierig war, da es wahrscheinlich keine Person im Raum gab, die tatsächlich wegen allen 4 Bands gekommen war. In Zukunft sollten die Bands möglicherweise etwas besser aufeinander abgestimmt werden oder das Event noch etwas erweitert werden, damit die Grundstimmung an solch einem Abend nicht unter einzelnen Bands leiden muss.

Setlist Iced Earth:

  • The Great Heathen Army
  • Burning Times
  • Plagues of Babylon
  • Dystopia
  • I Died for You
  • Vengeance Is Mine
  • V
  • My Own Savior
  • The Hunter
  • Boiling Point
  • Pure Evil
  • Watching Over Me

Text: Conny Pläsken