Killfest 2016 – Overkill, Crowbar & Co.

Liest man bei Konzerten und Veranstaltungen den Titel „Deathfest“ oder „Thrashfest“, so ist sofort klar, worauf man sich einlässt. Da sieht es beim „Killfest“ gleich ganz anders aus. Was kann man von so einem Abend erwarten? Genau, Abwechslung! Und natürlich Overkill, wie es dem Namen schon fast zu entnehmen ist. Mit im Gepäck hat die Thrash Legende Crowbar, Shredhead und Desecrator. Der bestmöglich Start eines Konzertabends ist natürlich, wenn man pünktlich ein paar Minuten vor offiziellem Beginn in der Location ist und dann erfährt, dass die ersten beiden Vorbands im Line-Up vertauscht wurden und die erste Vorband bereits gespielt hat. Liebe Leute, das ist nicht das erste Mal, dass der Beginn einfach nach vorne gezogen wird und ich muss euch sagen, es nervt wirklich sehr!

Weiter im Text… nachdem Shredhead demnach die frühen Vögel bespaßten, erschienen um kurz nach 20 Uhr Desecrator auf der Bühne der Halle im Münchner Backstage. Die Thrasher aus Melbourne hatten bereits im Oktober die Ehre für Venom als Vorband zu touren. Da dies den ambitionierten Australiern wohl noch nicht reichte, machten sie direkt als Einheizer für Overkill weiter. Und so viel kann gesagt werden: Ihren Platz im Line-Up haben sie definitiv zurecht! Mit einer satten Portion an Power und Speed fegten sie über die Bühne. Bei diesen Männern gab es von Anfang an ordentlich auf die Fresse, was sehr zur Begeisterung des Publikums beitrug. Bei Desecrator bekommt man nicht nur Standard Thrash vor den Latz geknallt, den jede kleine Garagenband spielen kann – nein, hier bekommt man Old School Zeug gepaart mit melodischeren Einflüssen, die der Härte und Schnelligkeit keinesfalls im Weg stehen. Thrash vom Feinsten kann man da nur sagen! Auch optisch geben die Australier was her: Die etwas gewöhnungsbedürftige Frisur der beiden Gitarristen ist ganz klar ein Markenzeichen der Band und schürt die Vermutung, die beiden Gitarristen könnten insgeheim Brüder sein. Zum Abschluss ihres Sets ließ es sich der Sänger von Desecrator nicht nehmen anzumerken, dass Overkill eine geile Band sei und Crowbar im Grunde das Gegenteil ihrer eigenen Musik machen. Wie Recht er doch hatte…

Nach einer längeren Umbaupause betraten Crowbar die Bühne, die musikalisch an diesem Abend etwas aus der Reihe tanzten. Inmitten von Thrash Bands mussten sich die Amerikaner mit ihrem etwas anderen Doom Metal, der deutlich langsamer und schwerfälliger war im Gesamtbild, behaupten. Seitens des Publikums gab es hier allerdings keine Probleme, denn es war von der musikalischen Performance direkt überzeugt. Ein paar besonders eingefleischte Fans feierten ihre Lieblingsband so sehr, dass sie direkt die ersten Reihen zusätzlich motivierten. Crowbar ließen sich allerdings an diesem Abend nicht lumpen und legten eine besonders überzeugende Show hin. Teils schwerfällig, dumpf und sehr basslastig, dann wieder überraschend schnell und lebendig zogen sie ihre Setliste durch und trafen anscheinend genau den Nerv des Publikums. Ein besonderer Hingucker ist dabei jedes Mal wieder der Sänger Kirk Windstein. Der etwas kleinere Mann mit der Glatze, dem langen grauen Bart und der etwas stämmigeren Figur erinnert immer wieder etwas an einen Zwerg aus dem Wald, der eine einzigartige tiefe und kratzige Stimme hat, die mit ihrer Musik ideal harmoniert. Trotz stilistischen Wechsel im Gesamt-Line-Up gingen Crowbar nicht in der Menge unter, sondern bestachen durch ihren eigenen Stil erst recht!

Im Anschluss an Crowbar war es endlich soweit, worauf wohl die meisten der anwesenden Metaller den ganzen Abend gewartet haben: Overkill erschienen langsam auf der Bühne gefolgt von ihrem Sänger Bobby „Blitz“ Ellsworth, der mit einem Affenzahn auf die Bühne rannte (man hätte es sich schon bei seinem Spitznamen denken können). Empfangen wurden die Amerikaner wie erwartet unter ohrenbetäubendem Jubel. Gefühlt schneller als je zuvor ballerten die mittlerweile schon in die Jahre gekommenen Thrasher Song für Song heraus, so dass jedem Fan das Herz einfach höher schlagen musste! Bei ihrer Show merkt man allerdings zu keiner Sekunde, dass die Musiker doch auch schon etwas in die Jahre gekommen sind. Vor allem Bobby sprang, poste und hetzte über die Bühne wie ein ADHS Hamster auf Speed. Sein überschäumendes Bühnen-Temperament ist allerdings nichts Neues, doch jedes Mal wieder beeindruckend. Die Songauswahl für den Abend war zwar etwas vorhersehbar, aber bei so unglaublichen Bands wie Overkill gibt es einfach Klassiker, die zu einem Konzert dazugehören. Besonders „In Union We Stand“ traf einmal mehr genau den Geschmack der anwesenden Metaller, weshalb hier Chöre ausbrachen, wie man sie selten in der Halle zu hören bekommt. Auch sonst zeigte das Publikum durch einen saftigen, brutalen Moshpit, wie toll es den Auftritt fand. Nebenbei bemerkt sollte auch erwähnt werden, dass ich es noch nie erlebt habe, dass Crew-Mitglieder einer Band sich vor einem Konzert so darum gekümmert haben, dass die vereinzelten Rollstuhlfahrer im Publikum einen guten Platz haben und auch wirklich die Bühne zu Gesicht bekommen. So sollte es eigentlich immer sein, was leider nicht der Fall ist. Doch die Overkill-Crew hatte auf ihr rollendes Publikum besonders geachtet – Respekt! Insgesamt war der Auftritt genauso wie auch der vorangehende Abend ein voller Erfolg, der eine Menge Metaller an einem Montag Abend sehr glücklich gemacht hat.

Text: Conny Pläsken