JINJER auf Europatour 2019 - Backstage Werk München

Noch vor wenigen Jahren waren Jinjer kaum bekannt und eher in der osteuropäischen Metal Szene ein Begriff. In den letzten 2 Jahren haben sie es allerdings geschafft, sich aus der Versenkung heraus einen Namen zu machen, im Grunde unentwegt zu touren und Fans verschiedenster Genres auf ihre Seite zu ziehen. Dass dann Ende 2019 entsprechend eine Headliner-Tour in Europa anstand, war zu erwarten – ebenfalls wie das ausverkaufte Werk im Backstage München. Als Support waren The Agonist, Khroma und Space of Variations mit von der Partie.

Space of Variations

Wenn an einem Montag bereits um 19 Uhr das Werk voll ist, muss es dafür einen triftigen Grund geben. Und der hieß sicherlich nicht nur Jinjer, sondern auch Space of Variations. Zunächst brachial und simpel gehalten begrüßten sie das Publikum mit ein paar klassischen Hardcore Tracks, bei denen einem die Aggressionen nur so um die Ohren flogen. Mit der Zeit ließen sie sich jedoch etwas mehr in die Karten schauen und griffen tiefer in die Melodik Kiste. Spannend dabei war die gelungene Kombination aus Old-School Hardcore und Alternative, wobei letztere Parts stark an eine harte Version von Fall Out Boy erinnerten. Nichtsdestotrotz knüppelten sie authentisch und passioniert ihre knappe halbe Stunde durch und verließen mit einem finalen Circle Pit die begeisterte Menge.

Khroma

Wer auf etwas experimentellere Klänge steht, der sollte bei der zweiten Band des Abends die Lauscher ganz weit spitzen. Mit monotonem Geshoute, jeder Menge Synthesizern und typischen Core-Soundelementen präsentierten sich die Finnen vor vollem Haus und vollzogen ihre etwas eigenwillige Show. Das Ganze wurde von progressiven Ausschmückungen und einer irritierend inszenierten Performance des Sängers untermalt, die man möglicherweise nur unter Einfluss von diversen Drogen nachvollziehen kann. Entsprechend fiel auch das Gesamturteil des Publikums aus: teils Begeisterung, ansonsten viel Stille.

The Agonist

Mit geballter Frauenpower gingen im Anschluss die Kanadier von The Agonist ins Rennen. Hier war schnell spürbar, dass das Publikum wieder ganz bei der Sache war und den Musikern ihre wohlverdiente Aufmerksamkeit schenkte. Mit dafür verantwortlich war sicherlich die mittlerweile etablierte Sängerin Vicky, die mit ihrer Präsenz und ihrem Enthusiasmus ganz in ihrem Element war. Doch nicht nur sie, sondern die gesamte Band hatte richtig Bock und lieferte durchwegs ab, was von den Fans gebührend honoriert wurde. Trotz der überzeugenden Performance der Frontfrau fehlte bei älteren Songs wie „Panophobia“ dennoch das gewisse Etwas, dieser besondere Funke, den Alissa diesen Songs verliehen hatte. Neue Songs hatten hingegen eine völlig andere DNA und konnten von Vicky authentisch herausgeschmettert werden. Gesamthaft betrachtet konnten die Kanadier die Erwartungen definitiv erfüllen und machten damit umso mehr Lust auf die Headliner des Abends.

Jinjer

Heiß ersehnt und laut bejubelt wurden abschließend die ukrainischen Musiker von Jinjer empfangen, nachdem zum Anheizen der Spannungskurve eine digitale Uhr als Countdown auf der Bühne platziert wurde. Einfach und gleichzeitig höchst effektiv. Entsprechend aus dem Häuschen war das Publikum, als mit „Teacher, Teacher“ der letzte Act des Abends eingeläutet wurde. Eine der Besonderheiten von Jinjer ist ohne Zweifel ihr einzigartiger Sound, der auch über die Zeit unverkennbar geblieben ist. Sie schaffen es wie kein anderer Künstler, Jazz, Groove Metal, moderne Einflüsse und klassische Core Elemente miteinander zu vereinen und mit pointiertem Gesang wie auch Growls zu untermalen. Am besten dargestellt wurde diese Einzigartigkeit bei „I Speak Astronomy“. Zunächst groovig und zugleich hart wird langsam Druck aufgebaut, der dann genau zur rechten Zeit in melodischeren Gefilden mit Raffinesse kanalisiert wird und nach einem kunstvollen Break mithilfe von gesanglichen Höchstleistungen von Tatiana Shmailyuk in völliger Ekstase als Höhepunkt endet. Selbst wenn man diesen Song bereits 100 Mal gehört bzw. gesehen hat, schafft sie es jedes Mal aufs Neue eine Gänsehaut zu erzeugen, die sich über den gesamten Körper ausbreitet und Tränen in die Augen treibt. Neben ihrer beeindruckenden Stimme besticht die zierliche Sängerin zudem mit einer Performance, die zu 200% auf den Punkt ist. Durch und durch erweist sie sich als Künstlerin der Interaktion und ist beiläufig erwähnt auch ein wahrer Hingucker mit ihren stets originellen Outfits und Make-Up Kreationen. Insgesamt präsentierten sich Jinjer stark wie eh und je und haben Lust auf mehr gemacht!

 

Text: Conny Pläsken