Impericon Festival 2017 in München - Review

Auch 2017 sollte es wieder die Impericon Festival Reihe geben. Letzter Stopp war am 30. April die bayerische Landeshauptstadt mit einem gut durchmischten, zum Teil überraschenden Line-Up und diversen Highlights über den ganzen Tag verteilt.

Wie bereits im letzten Jahr gab es verschiedene Essens- und Bierständen, bei denen für jeden Geschmack was dabei war: Pizza, Burger, Ofenkartoffeln, Chili – sogar ein Food Truck mit vegetarischem und veganem Essen war am Start. Allerdings sollte hier nochmal über die Preise nachgedacht werden. Für 4€ waren die Pizzastücke doch recht klein und spärlich belegt und Burger für 7-9€. Wirklich? Immerhin war das Essen diesmal nicht bereits um 17 Uhr ausverkauft, sodass jeder die Chance hatte satt zu werden. Die Veranstalter hatten offensichtlich aus letztem Jahr gelernt. Ebenfalls wie im Vorjahr hatte Ibanez, einer der Sponsoren, einen Stand an dem man Gitarre spielen und sich kleine Gimmicks abholen konnte. Daneben ein von Monster Energy gesponsorter Bereich zum Videospielen, gefolgt von den Tischen für die Signing Sessions. Auch der Merch Stand war wieder riesig und ließ keine Wünsche offen. Einzig und alleine der Friseur von letztem Jahr war diesmal nicht anwesend.
Trotz des tollen Wetters, das zum Relaxen in der Sonne einlud und die Wartezeit zu den Bands mehr als nur angenehm machte, wollten drinnen nur die wenigsten ihre Jacke abgeben. Es war einfach viel zu kalt, vor allem zu Beginn und wenn man nicht direkt in den Mosh pit reingesprungen ist. Auch kam man leider nicht drum herum, festzustellen, dass das Impericon Festival in München bei weitem nicht ausverkauft war. Das Zenith war mit geschätzten 1500 Leuten trotz abgesperrtem Bereich maximal halb voll, was bei der ein oder anderen Band leider auch stimmungstechnisch zu spüren war.

Durch die Absage der Astroid Boys, die bei der Einreise nach Deutschland Probleme mit den Pässen hatten, rutschte der Zeitplan etwas nach hinten. So begann das Festival eine halbe Stunde später als geplant mit AYS. Die erste Band, zu der wir da waren, war der zweite Act des Tages, Trade Wind.

Trade Wind

Wenn er schon mal da ist, lässt Jesse Barnett, Sänger von Stick to Your Guns, es sich auch nicht nehmen ebenfalls mit seiner zweiten Band beim Impericon Festival aufzutreten. Da Trade Wind allerdings erst 2014 von ihm und Stray From the Path Gitarrist Tom Williams gegründet wurden und dementsprechend noch weniger bekannt sind, spielten die Jungs ziemlich zu Beginn der Veranstaltung. Das sah man auch an der Anzahl der Zuhörer, die sich doch noch sehr in Grenzen hielt. Gefühlt saßen aber auch die Hälfte der bis dahin eingetrudelten Musik-Fans draußen in der Sonne.
Musikalisch sind Trade Wind etwas ruhiger als die Hauptprojekte der beiden Gründer. Solider, leicht atmosphärischer Post-Hardcore, wirklich fesselnd aber leider auch nicht.

In Hearts Wake

Als nächstes spielten In Hearts Wake, eine australische Metalcore Band mit etwas härteren Riffs als ihre Vorgänger. Die Growls von Frontmann Jake Taylor konnten sich durchaus hören lassen, die cleanen Vocals klangen mir persönlich hier und da ein bisschen zu kratzig. Für ein wenig Stimmung sorgte das aufblasbare Krokodil, welches von der Band in die Performance mit eingebracht wurde. Zumindest das Gummitier war beim Crowdsurfing ganz vorne mit dabei, die Zuhörer waren immer noch nicht ganz warm und etwas verhalten.

Wolf Down

Weiter ging es mit Wolf Down. Die fünf Jungs aus dem Ruhrpott knüpften musikalisch nahtlos da an, wo ihre Vorgänger aufgehört hatten. Mit Circle Pits und guten Breakdowns sorgten Wolf Down, die sich in der europäischen Hardcore-Szene in den vergangenen Jahren bereits einen Namen machen konnten, für ein bisschen mehr Stimmung.

Swiss + Die Andern

Für viele Anwesenden folgte nun die erste Überraschung des Tages. Swiss + die Andern passten auf den ersten Blick so gar nicht in das Line-Up des Festivals, auch wenn ihr DJ Da Wizard mit „Killing In The Name Of“ von Rage Against the Machine das Set eröffnete. Auch auf den 2. Blick fiel es schwer die Punkrocker aus St. Pauli mit den anderen Bands in Verbindung zu bringen. Die Band rund um Rapper Swiss sorgten allerdings ordentlich für Stimmung, sowohl mit ihrer Musik als auch ihrer politischen Einstellung, die sich natürlich auch in ihren Texten zu Songs wie „Wir gegen die!“ widerspiegelte. Auch wenn nicht jeder von ihrer Musik angetan war, so machten die Hamburger Jungs ohne Zweifel Spaß und spätestens beim Mittelfinger-Selfie gegen Rassisten und die AfD waren alle in der Halle am Start. Nur den Reggae-Song am Ende hätten sie sich sparen können.

Miss May I

Mit der nächsten Band, Miss May I aus Ohio, ging es zurück zum Metalcore. Die Band rund um Sänger Levi Benton, die dieses Jahr bereits ihr 10-jähriges Bestehen feiert, lieferte ganz gut ab. Fans der Band waren mit Sicherheit begeistert, ich persönlich muss sagen, dass der Auftritt für mich eher Durchschnitt war. Nicht überragend gut, aber auch nicht schlecht – alles in allem eine Performance, die an diesem Tag ein bisschen unterging.

Carnifex

Anschließend ging es mit der ersten Deathcore Band des Tages weiter. Carnifex waren eindeutig mehr was für die Headbanger unter den anwesenden Musik-Fans. Und sie klangen nicht nur düsterer als viele der vorigen Bands, auch ihre Songtexte spiegelten diesen Eindruck wieder. Mit Songs wie „Slow Death“ von ihrem aktuellen Album oder dem Slipknot Cover „The Heretic Anthem“ begeisterten sie die Fans des Deathcore. Gleichzeitig fanden sich aber auch draußen auf dem Vorplatz genug Leute, denen ein wenig die Melodie gefehlt hat. Aber wer erwartet schon, dass jedem alle Bands eines Festivals gefallen?

Thy Art Is Murder

Thy Art Is Murder hatten vor ihrem Auftritt bereits eine Autogrammstunde gegeben – sicherlich nicht der einzige Grund für ihre Beliebtheit. Die Australier knüpften musikalisch nahtlos an Carnifex an. Mit ihrem düsteren Sound begeisterten auch sie die Deathcore Fans in der Halle. Mit Songs wie „Reign of Darkness“, „The Purest Strain of Hate“ und „Holy War“ schöpften die Jungs rum um Frontmann und Vocalist Chris McMahon, dessen düstere Growls sich definitiv hören lassen können, aus den Vollen und zeigten, was sie drauf haben.

Being As An Ocean

Eines meiner persönlichen Highlights des Tages. Nach dem Geschredder der beiden vorigen Bands, wurden nun etwas leisere, gefühlvollere Töne angeschlagen. Der Wechsel zwischen den cleanen Vocals von Michael McGough, den Shouts und Sprechgesängen von Joel Quartuccio, sowie den immer wieder eingebauten Ambient-Passagen luden fast schon zum Träumen ein.
Das Set von Being As An Ocean war gut durchmischt mit etwas älteren, aktuellen und brandneuen Songs des Albums, was im Juni erscheinen wird. Zur Freude der Fans verbrachte Shouter Joel Quartuccio nicht nur einen Teil des Auftrittes im Publikum, sondern war auch nach der Performance noch am Merch für Smalltalk und Bilder anzutreffen. Zudem versprach er am Ende des Sets, dass Being As An Ocean im November diesen Jahres noch einmal wieder kommen würden. Die Vorfreude der Fans ist jetzt schon groß.

Anti-Flag

Auch die Punkrocker von Anti-Flag aus Pittsburgh, Pennsylvania, gehörten zu den Highlights des Tages. Vor allem was die Stimmung angeht, waren sie ganz vorne mit dabei. Und wer die politische Einstellung der vier Jungs rund um Sänger und Leadgitarrist Justin Sane noch nicht kannte, wurde schnell darüber aufgeklärt, wie sie zu Trump oder der AfD stehen.
Mit Songs wie „The Press Corpse“ oder „Die For Your Government“ zeigten die Jungs was sie im Repertoire haben und begeisterten nahezu jeden in der Halle. Wer bei einer so grandiosen Show und mächtig gutem Politpunkrock still steht, ist selbst Schuld. Anti-Flag waren der Hammer, mehr kann man dazu nicht sagen.

Stick to Your Guns

Und direkt folgte das nächste Highlight – in dem Fall auch nicht ganz unerwartet, war es doch an den Fans, Wochen vorm Impericon Festival für ihre Lieblingssongs von Stick to Your Guns abzustimmen und somit die Setlist zu bestimmen. Hier durfte es also zumindest was die Songauswahl angeht, keine Beschwerden geben. Frontmann Jesse Barnett stand zu Beginn des Sets alleine mit seiner Gitarre auf der Bühne und sorgte für einen Wahnsinns-Gänsehautmoment bei der Akustikversion von „Left You Behind“. Danach rissen die vier Jungs aus Orange County, Kalifornien, förmlich die Bühne ab. Auch hier blieb fast niemand still stehen. War aber auch kein Wunder, dass bei Songs wie „The Crown“, „We Still Believe“ oder „Tolerance“ ein Circle Pit nach dem anderen gestartet wurde. Die Jungs können es einfach und machen Spaß!

Emil Bulls

Von vielen in der Halle heiß ersehnt, waren nun endlich die Emil Bulls an der Reihe. Nicht wirklich unerwartet, war es ein leichtes für die Münchener Band ihren Heimvorteil voll auszunutzen und die Stimmung zum Brodeln zu bringen. Egal ob Christoph „Christ“ von Freydorf und seine Jungs ältere Songs wie „Worlds Apart“ und „Here Comes the Fire“ oder neue Ohrwürmer wie „The Age of Revolution“ und „Hearteater“ spielten, die Party lief, die Fans sangen lauthals mit und Stimmung war klar auf ihrem heutigen Höhepunkt. Mit starken Gitarrenriffs und einer Stimme, die im Ohr bleibt, überzeugten die Metaler auf voller Linie.
Großen Respekt an dieser Stelle auch nochmal an Gitarrist Moik, der das komplette Set nach einer Knie-OP im Sitzen absolvierte.

Caliban

Als der Headliner des Abends die Bühne betrat, kam es gleichzeitig auch zur Überraschung des Abends: es wurde leerer. Der Band ist hierbei kein Vorwurf zu machen. Caliban lieferten eine super Show ab, die auch musikalisch definitiv zu den Höhepunkten des Abends zählte, dennoch hatte es den Anschein, dass sich doch einige Münchener nach dem Auftritt der Bulls auf den Weg nach Hause machten. Der Circle Pit wirkte von außen fast ein bisschen traurig.
Aber nun zum Auftritt der Metalcore Band aus Hattingen: Caliban hatten als Headliner natürlich das beste Set-up auf der Bühne und nutzten dies auch voll und ganz für ihre Show aus. Die Show war der Hammer und mit den Songs wie „Memorial“, „Walk Alone“, „Sonne“ oder „King“ zeigten sie ihr ein Großteil ihres musikalischen Repertoires aus 20 Jahren Bandgeschichte. Ein würdiger letzter Auftritt des Abends, den die Jungs um Sänger Andreas Dörner da ablieferten.

Fazit

Trotz der Anmerkung einiger Gäste, dass das Line-Up in anderen Städten wie Leipzig oder Oberhausen besser war, bleibt auch dieses Jahr ein wahnsinnig entspanntes, gut organisiertes Hardcore-Festival mit tollem Essen (trotz der Preise), großartigem Wetter und coolen Leuten in Erinnerung. Hoffentlich finden im nächsten Jahr mehr Fans der guten Musik den Weg zum Impericon Festival – verdient hätten es sowohl die Veranstalter als auch die Bands, die ja dann vielleicht auch bei mehr Leuten wieder gut ankommen!

Text: Tanja Frank