Arch Enemy - Will To Power European Tour 2018 - TonHalle München

Nachdem die Überflieger von Arch Enemy bereits 2017 einen Teil ihrer Will To Power Tour erfolgreich absolvierten, hatten sie sich etwas Ruhe um die Feiertage gegönnt, um am 12. Januar 2018 den zweiten Teil ihrer Tour gebührend in der Münchner Tonhalle zu eröffnen. Für den zweiten Teil haben sie sich entsprechend zusätzlichen Support mit an Bord geholt. Neu dabei sind Tribulation und Wintersun wie auch Jinjer, die allerdings 2017 schon Support waren.

Jinjer

Trotz früher Stunde hatten sich jede Menge Fans bereits in der Tonhalle eingefunden, um den ersten Act des Abends nicht zu verpassen. Und damit lagen sie auch vollkommen richtig, denn schon vor der Show war klar, dass Jinjer die zweitinteressanteste Band des Abends sein würde. Von der als bester ukrainischer Metal-Act ausgezeichnete Band durfte durchaus viel erwartet werden. Und genau das erfüllten Tatiana und ihre Jungs von Anfang an. Wer die Band bisher noch nicht live erlebt hat, wird vielleicht von ihrem besonderen, eigenen Sound überrascht gewesen sein. Hierbei paart sich klassischer Metalcore Sound mit Hardcore Einflüssen und wird dabei von progressiven wie auch groovigen Beats aufgepeppt. Im Grunde hört sich kein Song wie der andere an – und doch kann man einen gewissen roten Faden in ihrer Musik erkennen. Eine weitere Auffälligkeit ist die Stimmgewalt der Frontfrau Tatiana. Meistens ist sie mit gutturalem Gesang beschäftigt, der sich natürlich fabelhaft ins Gesamtkonzept einfügt. Doch um das Ganze aufzulockern, knallt sie gern zwischendurch ein paar Clear-Gesang Passagen heraus, bei denen die Gänsehaut nicht weit ist. Untermalt wird das dann noch von ihrer lebhaften Art, mit der sie von herumkicken instant auf imaginäres Poledancing umschalten kann. Eine durchaus gewöhnungsbedürftige und dennoch sehens- und hörenswerte Band, die den Abend perfekt eröffnet hatte.

Jinjer als Vorband für Arch Enemy in der TonHalle in München

Tribulation

Nach dem grandiosen Start der Ukrainer befanden sich bereits die Schweden von Tribulation in den Startlöchern, was durch Nebelschwaden en masse angekündigt wurde. Ernsthaft und gleichzeitig belanglos erschienen sie auf der Bühne – vom musikalischen Stilbruch mal ganz abgesehen. Etwas schwerfällig fanden die Musiker in ihre gewohnte Form und begeisterten anfangs mehr schlecht als recht. Trotz ihrer eigentlich interessanten Mischung aus Death und Black Metal wollte der Funke heute einfach nicht überspringen. Somit lieferten sie eine Standardshow ohne besondere Vorkommnisse ab, die man sich zwar ansehen konnte, aber sicher nicht länger als einen Abend im Gedächtnis bleiben wird. 

Tribulation als Support für Arch Enemy in der TonHalle in München

Wintersun

Als nächste und letzte Vorband sollten die Musiker folgen, die wahrscheinlich den Negativ-Rekord an veröffentlichten Alben binnen 13 Jahren aufgestellt haben. Die Rede ist natürlich von niemand anderem als Wintersun. Trotz dieser Unstetigkeit hatten sich viele Fans der Finnen eingefunden. Anfangs noch nicht in gewohnter Manier starteten die Melodic-Death Metaller in ihren Auftritt mit noch nicht völlig überzeugender Show. Die scheinbar mühsam einstudierten Synchroneinlagen bezüglich Headbangen gelangen dem Sänger zu Beginn eher weniger, da er scheinbar sein Taktgefühl kurzzeitig verloren hatte. Er konnte noch so sehr versuchen auf den Gitarristen zu achten, eine Sekunde war er einfach immer zu spät dran. Etwas mehr üben, Männer! Ansonsten bewiesen die Finnen auch nach erneuerter längerer Abstinenz, wie sehr der Name Wintersun noch immer funktionierte. Definitiv eines ihrer besseren Konzerte, bei denen sie wieder einmal unter Beweis stellen konnten, dass sie über die Jahre nicht einen Deut an Ausstrahlung verloren haben und auch weiterhin viel vom Namen Wintersun zu erwarten sein kann. 

Wintersun als Vorband für Arch Enemy auf der

Arch Enemy

Nach Wintersun war es endlich an der Zeit für die Headliner des Abends, die mit ihrem aktuellen Album bereits für viel Wind gesorgt haben. Seit dem Wechsel an der Front haben Arch Enemy nicht immer leichte Zeiten hinter sich gebracht und mussten sich immer wieder aufs Neue beweisen. Doch der Hype um die Band und im Besonderen um ihre Frontfrau Alissa White-Gluz hat in den vergangenen Jahren stetig zugenommen. Nun scheint es, als hätten sie mit dem Album „Will To Power“ einen neuen Höhepunkt erreicht, der sich mitunter in dieser umfangreichen Europa-Tour zeigt. Deshalb und wahrscheinlich aus vielen weiteren Gründen waren die Fans entsprechend aufgeregt, als ihr Auftritt direkt mit „The World Is Yours“ eröffnet wurde. Typisch für die ursprünglich schwedische Band ist ihr scheinbar perfektioniertes Auftreten von der ersten Sekunde an. Besonders Alissa wirkte hoch konzentriert und gleichzeitig unglaublich leidenschaftlich in ihrer Performance. Kaum jemand schafft es wie sie mithilfe ihrer Ausstrahlung (und Schönheit) einen derartigen Draht zu ihrem Publikum herzustellen. Sie weiß genau, was die Menge sehen will und gibt es ihnen – sei es fröhliches headbangen oder einer ihrer üblichen Jumps. Auch ihre Bandkollegen wissen von sich zu überzeugen und punkten mit ihrer Professionalität wie auch Präzision, die vor allem Live-Auftritte zu ganz besonderen Ereignissen machen. Musikalisch hatten sich die Überflieger zur Freude aller Metalheads jedoch nicht nur auf das aktuelle Album beschränkt, sondern ein Best-Of performt, das sich sehen lassen konnte. Doch trotz älterer und neuerer Ohrwürmer war das Highlight des Abends ihre Live-Premiere von „Reason to Believe“, denn mit diesem Song hatten Arch Enemy das erste Mal mit ihrer Tradition des ausschließlichen gutturalen Gesangs gebrochen und Alissa zusätzlich clear singen lassen. Und wer das ein oder andere Lied aus ihrer Vergangenheit bei The Agonist kennt, der weiß, dass sie eine unbeschreiblich starke und schöne Stimme besitzt. Die Menge tobte also nicht ohne Grund, als eben dieser Song angestimmt wurde und eine extra Portion Gänsehaut sorgte. Weitere Überraschungen gab es dann allerdings nicht mehr. Auch die Zugabe bestand – wie eigentlich immer – aus „Nemesis“ und holte noch einmal alles aus der Band wie auch aus ihren Fans heraus. Trotz des genialen ersten Teils der Tour im Herbst und Winter 2017 haben es Arch Enemy tatsächlich geschafft, ihre bisherige Leistung noch einmal um ein Quäntchen zu steigern und für völlige Begeisterung zu sorgen.

Arch Enemy zum Tourstart der

Setlist:

  • The World Is Yours
  • Ravenous
  • Stolen Life
  • The Race
  • War Eternal
  • My Apocalypse
  • Blood in the Water
  • No More Regrets (Tour debut)
  • You Will Know My Name
  • Bloodstained Cross
  • The Eagle Flies Alone
  • Reason to Believe (Live Premiere)
  • As the Pages Burn
  • Dead Bury Their Dead
  • We Will Rise
  • Avalanche
  • Snow Bound
  • Nemesis

Text: Conny Pläsken