Metal Crash Festival 2017 in der Hessenhalle Gießen

Ein eigenes Festival auf die Beine zu stellen, ist wahrlich alles andere als schnell getan. Hier bedarf es monatelange Planung, Durchhaltevermögen und jede Menge Leidenschaft. Umso erfreulicher, dass es noch immer Personen gibt, die sich diesem Wagnis stellen und eine eigene Vision verfolgen. Michael Rehwald gehört zu dieser Art von Personen, denn er stelle aus dem Nichts das Metal Crash Festival auf die Beine, das am 07. Oktober 2017 in Gießen das Licht der Welt erblicken sollte. Hierfür hatte er sich eine Handvoll deutscher Bands an Land gezogen: Mercury Falling, SpiteFuel, Rebellion, Mystic Prophecy, Kissin‘ Dynamite und Primal Fear.

Mercury Falling

Die erste Band bei Konzerten oder Festivals hat es nicht immer leicht, da alle erstmal warm werden müssen. In der Hessenhalle in Gießen stimmte das sogar wortwörtlich, da wohl jemand vergessen hatte die Heizung anzumachen... Aber zurück zur Musik: Opener des Festivals war Mercury Falling, eine Power Metal Band aus Fulda, die 2017 ihr 20- jähriges Bestehen feiern. Zu Beginn gaben sich die Männer etwas metallischer, um Stimmung in die Halle zu bringen, bevor etwas mehr in die Power-Schublade gegriffen wurde und epische Keyboardklänge ihren Sound begleiteten. Der Gesang war klassisch clear und harmonierte gut mit den teilweise schon fast heroischen Zügen ihrer Songs. Stimmung wollte trotzdem noch nicht so wirklich aufkommen, da zwar der Großteil der Besucher bereits anwesend war, aber mehr schlecht als recht herumstand und wenig Anstalten machte Euphorie zu zeigen. Vielleicht hätte es dafür etwas mehr Action auf der Bühne gebraucht oder einen späteren Zeitslot in der Running Order. Wie auch immer - Mercury Falling boten zwar keinen ohrenbetäubenden Auftakt, zeigten aber dennoch, was sie draufhatten. 

SpiteFuel

Weiter im Gepäck des Metal Crash Festivals war die noch recht neue Band SpiteFuel, die sich 2016 erst formierte. Ein Teil der Band mag dem ein oder anderen möglicherweise bekannt sein, da 3 der 5 Mitglieder zuvor bei Strangelet spielten. Trotz dieser kurzen Zeit konnte sich die Band eine solide Fanbase aufbauen, die kaum zu überhören war. SpiteFuel boten musikalisch klassichen Heavy Rock, der mit modernen Elementen versehen war und zu keinem Zeitpunkt langweilig wurde. Mit starken Gitarrenriffs und einer überzeugenden Ausstrahlung hatten die Newcomer die Hessenhalle schnell im Griff. Da war es fast egal welcher Song ihres Albums performt wurde – das Publikum war begeistert bei der Sache. Authentisch und mit jeder Menge Spaß im Gepäck belustigte das Quintett die gesamte Halle und konnte so sicher einige neue Fans gewinnen. Lässt man mal die paar schiefen Töne beiseite, die beim gemeinsamen Gesang der Band zustande kamen, so lieferten die Spaßvögel eine tolle Show ab, die allerdings auch ohne Windmaschine ausgekommen wäre.

Rebellion

Stark zeigten sich auch die darauffolgenden Musiker von Rebellion. Hier handelte es sich um eine etwas erfahrenere Band, die bereits 2001 von Uwe Lulis und Tomi Göttlich gegründet wurde. Eingefleischte Grave Digger Fans wissen natürlich, dass es sich bei Rebellion um einen indirekten Abkömmling der Power Metal Größe handelt, da Lulis die Band gründete, als er Grave Digger verließ. Und genau diese Einflüsse sind bis heute unverkennbar und haben den Sound nachhaltig geprägt. Gleichzeitig haben Rebellion ihren ganz eigenen Weg eingeschlagen und sind zu Geschichtenerzählern mutiert. Auch in Gießen ließen es sich die Bandmitglieder nicht nehmen, dem mittlerweile gut angeheizten Publikum einige ihrer Geschichten in Form von Songs zu erzählen. Mit kraftvollen Stücken angefangen, die mithilfe von schnellen Riffs und härterem Bass durchaus Druck erzeugten, wechselten sie zwischendurch auf die etwas sanftere, gemächliche Seite á la Blind Guardian und bewiesen damit ihre musikalische Vielfalt. Das Highlight ihres Auftritts war allerdings ihre Performance von „The Clans Are Marching“, auf die die gesamte Halle bereits wartete und dementsprechend voller Inbrunst mitgrölte. Ein wahrer Klassiker des deutschen Power Metals eben, der selbst über die Jahre nicht an Glanz und Wirkung verloren hat.

Mystic Prophecy

Halbzeit am Metal Crash Festival, das heißt als nächstes waren Mystic Prophecy an der Reihe! Die deutschen Power Metaller bringen mittlerweile seit 17 Jahren die Mähnen unzähliger Metaller in Wallung, weshalb sie auch lauthals in Empfang genommen wurden. Obwohl der gesamte Tag eher im Zeichen des Power Metal stand, wurde es auch weiterhin nicht einseitig oder gar langweilig. Ganz im Gegenteil – Mystic Prophecy zeigten sich dermaßen motiviert und gewillt, eine tolle Show abzuliefern, dass man meinen konnte, sie seien Headliner auf diesem Festival. Stimmlich konnte Roberto Dimitri Liapakis auf ganzer Linie punkten und ging mit seiner wandelbaren Röhre direkt unter die Haut. Dazu harmonierte das Saiten-Spiel der Gitarristen Markus Pohl und Evan K sowie des Bassisten Joey Roxx, das von ihrem Drummer Hanno Kerstan impulsiv und auf den Punkt angetrieben wurde, ideal und passgenau. Auffallend waren auch die Heavy Metal Einflüsse ihrer Musik, die dem Auftritt noch etwas mehr Feuer unterm Arsch machten und ihren Sound definierten. Das Gesamtpaket funktionierte also, lieferte eine mitreißende Show ab und animierte das Publikum zu lauten Jubelchören. Die Messlatte blieb also weiterhin hoch angesetzt.

Kissin' Dynamite

Die Bühne verdunkelte sich während schwere, heroische Musik erklang und das Publikum auf das vorbereiten sollte, was direkt im Anschluss folgen sollte: Kissin‘ Dynamite! Lautstark und wie echte Rockstars erschienen die sympathischen Schwaben auf der Bühne und zeigten direkt wo der Hammer hing. Mit "Highlight Zone" – einem Ohrwurm vom Feinsten – war es wahrlich ein Leichtes, die ganze Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, da der Song nur so vor Energie und Emotionen strotzte und gleichzeitig zu ihren besten Songs zählt. Nicht nur musikalisch wissen die jungen Männer zu überzeugen, sondern auch mit ihrer Performance, die voller Hingabe und Leidenschaft für ihre Musik war. Obwohl natürlich die komplette Band wie immer vorbildlich ablieferte, ist es doch immer wieder Sänger Hannes, der noch eine Nuance mehr an Power drauflegte. Seine einmalige und kraftvolle Stimme wie auch seine ausdrucksstarke Persönlichkeit verleihen der Band das gewisse Etwas und ziehen regelmäßig Massen an Fans in ihren Bann – und genauso war es auch an diesem Abend. So genial wie die Hardrocker anfingen lief es auch weiter. Ein Hammer Song jagte den nächsten und an Spaß und Action auf der Bühne mangelte es diesen perfekt gestylten Männern sowieso nicht. Kissin' Dynamite verstehen eben, wie man das Rockstar Image perfekt und dennoch nahbar rüberbringt. Nicht umsonst haben die 5 Schwaben in den letzten 10 Jahren ordentlich was auf die Beine gestellt und eine unglaubliche Laufbahn hingelegt, wovon einige Bands nur träumen würden. Wer schon einmal bei einem Konzert von ihnen war, der weiß, dass ihre Shows mindestens so stark weitergehen, wie sie anfangen. Eine einzige Party, die am besten niemals enden dürfte! Dabei spielte es auch irgendwann keine Rolle mehr, welcher Song von ihnen performt wurde, da ihre positive Ausstrahlung gepaart mit ihrer Hingabe und Professionalität bedingungslos überzeugten. Bisher eindeutig der beste Auftritt auf diesem Festival, der einen bleibenden Eindruck hinterließ. 

Primal Fear

Das Finale am Metal Crash Festival oblag – wie sollte es auch anders ein – einer der großen deutschen Power Metal Bands: Primal Fear. Bereits 20 Jahre hat die Band und damit auch die Gründungsmitglieder Ralf Scheepers, Mat Sinner und Tom Naumann auf dem Buckel, in denen sie viele Phasen durchlebten und auf unzählige Erfolge zurückblicken können. Dass nach so einer langen Zeit trotzdem noch lange nicht Schluss ist, konnten sie an diesem Abend einmal mehr zur Schau stellen. Ralf Scheepers, der Sänger der Band, ist das beste Beispiel dafür. Seit Jahren scheint er keinen einzigen Tag zu altern und ist bei jedem Konzert aufs Neue eine Wucht. Allein sein Erscheinungsbild ist so kraftvoll und charismatisch, dass man als Zuschauer genau weiß, was als nächstes folgt: nämlich eine unglaublich wandelbare Stimme. Egal ob hohe oder tiefe Töne, ob normaler oder fieser Gesang, Ralf bietet die gesamte Bandbreite an und schneidet überall hervorragend ab! Doch der Gesang ist natürlich nicht allein das Geheimrezept für eine so erfolgreiche Band. Ebenso Mat Sinner, Magnus Karlsson, Alex Beyrodt, Tom Naumann wie auch Francesco Jovino machen die Band zu dem, was sie ist: einer Koryphäe des Power Metals. Möglicherweise ist ihr Geheimrezept der Einsatz von drei Gitarristen statt zwei, der ihrem Sound noch mehr Tiefe und Varianz verleiht und auch optisch für noch mehr Bühnenaction sorgt. Wie zu erwarten zog das Sextett ein beeindruckendes Set ab, das die Stimmung am Festival auf einen Höchststand trieb und noch einmal die letzten Kraftreserven bei den Metalheads abverlangte. Ein wirklich würdiger Abschluss eines metallischen Tages.

Fazit

Die Premiere des Metal Crash Festivals konnte sich sehen lassen! Zahlreiche Fans aus der Umgebung wie auch von etwas weiter weg besuchten das Tages-Festival und konnten nach 6 starken Auftritten glücklich und zufrieden ihren Heimweg antreten. Insgesamt kam der Auftakt auf rund 700 Festivalbesucher, was als relativer Erfolg zu werten war. Zwar versprach Veranstalter Michael Rehwald noch im Vorfeld, dass er bei mehr als 1000 Besuchern seine Fußnägel während der Shows pink lackieren würde, allerdings kam es (noch) nicht so weit. Für 2018 allerdings kann man dieses Versprechen mal im Hinterkopf behalten! Die Verköstigung am Festivalgelände war ok, ist aber definitiv noch ausbaufähig, denn Currywurst und Pommes machen zwar satt, lassen aber nicht unbedingt jedes Metal-Herz höherschlagen. Genauso bei den Getränken – das Wichtigste war vorhanden, aber ein klein wenig mehr Longdrink-Auswahl z.B. hätte dem Festival auch nicht geschadet. Wollen wir aber mal nicht zu kritisch sein, denn für die erste Auflage des Metal Crash Festivals ist alles rundum gut gelungen und schreit direkt nach Wiederholung in 2018!

Text: Conny Pläsken