Exodus & Co. – Battle of the Bays European Tour 2016 - Nachbericht

Die Thrasher von Exodus sind wahre Tour-Tiere! Erst zu Beginn des Jahres waren sie in Europa unterwegs und brachten etliche Hallen zum Beben. Da sie wohl noch nicht genug bekommen konnten, machten sie sich gemeinsam mit Obituary, Prong und King Parrot im Herbst/Winter auf Europa-Tour. Mit wechselndem Line-Up tourten sie durch unterschiedliche Städte und machten erneut in München halt – leider ohne Obituary.

King Parrot

Punkt 20 Uhr und die Backstage Halle ist an einem Dienstag Abend eher spärlich gefüllt. Bei diesem Headliner eine eher schwache Leistung, aber der Abend hat ja gerade erst angefangen. Als erstes gaben sich die Australier King Parrot die Ehre und starteten mit ohrenbetäubendem Lärm. Der erste Eindruck der Band? Es handelte sich um nackte, dicke, haarige Australier im mittleren Alter. Bei den verrückten Blicken und dem wilden Gefuchtel des Sängers wie auch des Bassisten hinterfragte man kurz deren Sinneszustand. Musikalisch befanden sie sich irgendwo zwischen Lärm und laut gemischt mit etwas Melodie und Geschrei. Nachdem der Sänger die halb leere Halle etwas nach vorne bittet und seine Flasche Wasser über dem bisschen Publikum inklusive mir ausgeschüttet hatte, konnte der Spaß erst so richtig losgehen. Die knappe Bekleidung der Band, besonders die des Bassisten, scheint auch so manchem im Publikum zu gefallen, da sich ein Metalhead nicht den Spaß verderben lässt und ihm schön in den Bauch schnipst, so dass dieser einige Sekunden lang Wellen schlägt – ein wahrliches Highlight des Abends und das zu so früher Stunde. Musikalisch ging es weiter wie vermutet – mit viel Geprügel in hohen kreischenden Sequenzen, die eigentlich niemand der Anwesenden hören möchte, wenn man dem Publikum nur kurz in die Gesichter schaut. Vielleicht war auch die Verzweiflung über ihren Auftritt der Grund, warum sich die Band mit einer zweiten Wasserdusche rächen wollte und ein bisschen ins Publikum spuckte. Ich meine das ist natürlich die gängige Art, wie man als eher unbekanntere Band neue Fans gewinnt. Was sich die Band bei diesem respektlosen und abstoßendem Aufritt gedacht hat, man weiß es nicht und wird es nie erfahren, aber eines ist sicher: dieser Auftritt gehört zu den schlechtesten und absurdesten des Jahres, was das Blankziehen des haarigen Arsches des Sängers zum Schluss perfekt unterstrich.

Prong

Eine kurze Umbaupause später – die Nerven, Augen und das Gehör hatten sich gerade wieder erholt – ging es mit Prong weiter. Gleich der erste Song wirkte wie Balsam für die Seele und machte aus der zuvor noch starren, skeptischen Menge eine glückliche, bangende Meute, die sich schnell vom anfänglichen Schock erholt hatte. Prong ist eine amerikanische Band, die bereits seit den 80er Jahren existiert und musikalischen Einfluss auf viele heutige Größen genommen hat. Umso erstaunlicher ist es, dass sich ihr eigener Bekanntheitsgrad vergleichsweise eher in Grenzen hält. Nichtsdestotrotz hat das Trio durchaus eine beachtliche Fanbase, die auch in Deutschland vorhanden ist. Von Anfang bis Ende ballerten Prong mit alten und neuen Songs um sich, die richtig Bewegung in die etwas größer gewordene Menge hineinbrachte. Besonders einem Herren in der ersten Reihe, der eindeutig als Hardcore-Fan zu identifizieren war, schien das Konzert zuzusagen, so dass er mit seiner Begeisterung direkt die umherstehenden Menschen ansteckte. Seine Begeisterung war allerdings zurecht ausufernd, lieferten die Amis durchaus ein vorzeigbares Brett ab, das durchwegs knüppelte was das Zeug hielt. Ein idealer Einheizer für die nachfolgenden Headliner!

Exodus

Wie es so oft ist, ist die erste Umbaupause kurz, dann ist die zweite meistens lang, was die Vorfreude auf Exodus nur noch größer machte. Mittlerweile sind wie von Zauberhand ein paar Metalheads mehr auf der Bildfläche erschienen und warteten sehnsüchtig auf die Thrasher. Eins ist sicher, das Warten hatte sich definitiv gelohnt, denn Exodus legten direkt mit „The Ballad of Leonard and Charles“ los, das vom Titeltrack ihres aktuellen Albums „Blood In, Blood Out“ abgelöst wurde. Wie gewohnt strahlten die Männer rund um Steve „Zetro“ Souza eine geballte musikalische Macht aus, bei der viele der Großen vor Neid erblassen würden. Neben neueren Songs widmete sich das Thrash-Urgestein aus der berühmten Bay Area auch älteren, klassischen Songs, wobei sie gleichzeitig auf etwas Abwechslung geachtet haben. Bei einer derartig langen Discographie ist es aber auch nicht schwer, andere handfeste Klassiker dem begeisterten Publikum um die Ohren zu schmettern. An diesem Abend kamen einem nicht nur dank dem verhältnismäßig warmen Wetter im November Frühlingsgefühle auf, sondern auch weil Exodus mit ihrem Sound genau ins Schwarze getroffen haben! Diese Männer haben eine Geschwindigkeit drauf, da kann einem fast schlecht werden. Und egal ob alte oder neue Songs, sie sind ihrem unverkennbaren Sound zu 100 Prozent treu geblieben – und das kann wirklich nicht jede Band nach 35 Jahren von sich behaupten. Obwohl die Halle an diesem Abend nur mäßig gut gefüllt war, war die Stimmung bombastisch! Einfach alle Anwesenden waren mit ganzem Herzen dabei und jubelten sich die Seele aus dem Leib, was bei grandiosen Songs wie „War Is My Shepherd“ oder „Bonded By Blood“ zu erwarten war. Diesen Applaus und Jubel haben sich Exodus mehr als verdient. Dieser Auftritt war an jenem Abend mehr als nur ein Thrash Konzert – sie schafften es vielmehr ihrer Musik poetische Züge zu verleihen, wie es nicht jeder Dichter zu schaffen vermag. Ein wahrhaft epischer Abend für Exodus, der wirklich Lust auf mehr macht. Und dieses mehr wurde von Sänger Steve „Zetro“ Souza auch direkt angekündigt. Im Januar geht es wieder zurück in die Heimat, um an einem neuen Album zu basteln. Es bleibt spannend, was die Thrash Götter wohl als nächstes schaffen, aber eines ist sicher: es wird gnadenloses Geknüppel mit Melodien, die direkt ins Metal Herz gehen.

  • The Ballad of Leonard and Charles
  • Blood In, Blood Out
  • And Then There Were None
  • Iconoclasm
  • Deranged
  • Body Harvest
  • Piranha
  • A Lesson in Violence
  • Blacklist
  • Metal Command
  • War Is My Shepherd
  • Bonded by Blood
  • The Toxic Waltz
  • Strike of the Beast

Text: Conny Pläsken